Die BGH-Rechtsprechung zum Thema Filesharing und die Elternhaftung
Die BGH-Rechtsprechung zum Thema Filesharing und die Elternhaftung
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Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Filesharing-Fällen hat maßgeblich dazu beigetragen, die Haftung von Eltern für Urheberrechtsverletzungen ihrer minderjährigen Kinder zu klären und zu präzisieren. Insbesondere das berühmte "Morpheus"-Urteil von 2012 und weitere Entscheidungen brachten wesentliche Klarstellungen zur Aufsichtspflicht und Störerhaftung. Hier die wichtigsten Punkte:
1. Das "Morpheus"-Urteil (2012)
Das BGH-Urteil vom 15. November 2012, allgemein bekannt als "Morpheus"-Urteil, veränderte die rechtliche Bewertung von Eltern in Bezug auf die Haftung für Filesharing deutlich. Es ging um einen Fall, in dem ein 13-jähriger Junge über das Filesharing-Programm „Morpheus“ urheberrechtlich geschützte Musikstücke heruntergeladen und Dritten zugänglich gemacht hatte.
- Kernaussage des Urteils: Eltern haften nicht automatisch für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Kinder, wenn sie ihren Pflichten nachgekommen sind.
- Aufsichtspflicht konkretisiert:
- Eltern müssen ihre Kinder altersgerecht über die Risiken und Rechtswidrigkeit von Filesharing aufklären.
- Eine fortlaufende Kontrolle der Internetnutzung ist nur erforderlich, wenn die Eltern konkreten Anlass zu einer Überprüfung haben (z. B. wenn das Kind in der Vergangenheit auffällig geworden ist).
Dieses Urteil entlastet Eltern erheblich, da es ihre Haftung auf konkrete Pflichtverletzungen begrenzt. Sie sind nicht verpflichtet, die Internetnutzung ihrer Kinder ständig zu überwachen.
2. Störerhaftung und Einschränkungen
Die Störerhaftung besagt grundsätzlich, dass der Anschlussinhaber – meistens die Eltern – haftbar gemacht werden kann, wenn ein Dritter über ihren Internetanschluss eine Rechtsverletzung begeht. Der BGH hat jedoch in mehreren Urteilen diese Haftung für Eltern deutlich eingeschränkt:
- Zumutbare Schutzmaßnahmen:
- Eltern müssen ihren WLAN-Anschluss ausreichend sichern (z. B. durch ein Passwort).
- Der BGH entschied jedoch, dass weitergehende Verpflichtungen, wie die permanente Kontrolle der Internetnutzung, für Eltern nicht zumutbar sind.
- Keine Haftung bei Belehrung:
- Im "Morpheus"-Urteil und weiteren Fällen stellte der BGH klar, dass die Aufsichtspflicht durch eine einmalige altersgerechte Belehrung des Kindes erfüllt sein kann.
3. Weiterführende Urteile
Weitere Urteile des BGH haben die Haftung von Eltern in vergleichbaren Fällen bestätigt und konkretisiert:
- "Bearshare"-Urteil (2014):
- Wenn Eltern nachweisen können, dass sie ihren Internetanschluss Dritten (z. B. Kindern) sorgsam überlassen und über die Rechtswidrigkeit von Filesharing aufgeklärt haben, entfällt die Störerhaftung.
- Der Anschlussinhaber haftet zudem nicht für volljährige Nutzer, wenn keine Anzeichen für eine Rechtsverletzung vorliegen.
- "Afterlife"-Urteil (2017):
- Hier wurde entschieden, dass die sekundäre Darlegungslast (die Verpflichtung, plausible Alternativen für die Rechtsverletzung zu nennen) Grenzen hat. Eltern müssen keine detaillierte Überwachung dokumentieren, wenn sie ihrer Belehrungspflicht nachgekommen sind.
4. Fazit zur BGH-Rechtsprechung
Die Urteile des BGH haben die Haftung von Eltern für das illegale Filesharing ihrer Kinder deutlich eingeschränkt und wichtige Maßstäbe gesetzt:
- Eltern haften nur bei einer Verletzung der Aufsichtspflicht.
- Altersgerechte Aufklärung und angemessene Schutzmaßnahmen genügen in den meisten Fällen, um der Aufsichtspflicht zu genügen.
- Eine dauerhafte Überwachung sowie technische Kontrollmaßnahmen wie Tracking-Tools sind nicht erforderlich.
Diese Rechtsprechung gibt Eltern mehr Rechtssicherheit und setzt vor allem auf präventive Maßnahmen wie Kommunikation und Aufklärung, anstatt eine umfassende Überwachungspflicht zu fordern.
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